Im Rahmen der Pilotstudie „Multimedikation und ihre Folgen für die hausärztliche Patientenversorgung in Sachsen“ wurden die Krankenakten von 548 Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen aus sechs Dresdner Hausarztpraxen analysiert. Um die Abweichung der Diagnosedokumentation von der tatsächlichen Versorgung zu überprüfen, erfolgte ein Kongruenzabgleich der Arzneimittelverordnungen von Schilddrüsenmedikationen als Indikator für die tatsächliche Patientenversorgung mit den Schilddrüsendiagnosen in den Krankenakten. Prädiktoren für eine eingeschränkte Diagnosedokumentation von Schilddrüsenerkrankungen wurden mithilfe einer logistischen Regression eruiert.
Der Anteil unzureichend dokumentierter Schilddrüsendiagnosen gemessen an der Anzahl der einbezogenen Schilddrüsenpatienten betrug 26,8% (n = 147). Die Anteile nicht (1,1-35,8%), unpräzise (4,6-22,3%) oder unspezifisch dokumentierter (14,9-73,8%) Schilddrüsendiagnosen waren in den untersuchten Hausarztpraxen mit unterschiedlicher Häufigkeit zu beobachten. Aufgrund nicht dokumentierter Schilddrüsenerkrankungen lag die korrigierte Prävalenz von Schilddrüsenerkrankungen für alle Praxen zusammengefasst um 5,5 Prozentpunkte höher als die ursprünglich dokumentierte Krankheitshäufigkeit (29,7 statt 24,2%). Eine hohe Anzahl verordneter Dauermedikamente war ein signifikanter Prädiktor für eine unzureichende Dokumentation von Schilddrüsenerkrankungen (für 5-8 Dauermedikamente OR = 2,4/p < 0,001; für 9-12 OR = 4,0/p < 0,001; für 13-20 OR = 7,4/p < 0,001).
Aufgrund der eingeschränkten Datenqualität hausärztlicher Abrechnungsdiagnosen zum Zweck von Morbiditätsschätzungen sollten hausärztliche Diagnoseangaben in GKV-Routinedaten einer regelmäßigen internen und externen Diagnosevalidierung unterzogen werden. Zusätzliche fallbezogene Gespräche mit den dokumentierenden Ärzten würden die Validität der Daten wesentlich erhöhen. Intelligente E-Tools bei der elektronischen Patientendokumentation könnten die hausärztliche Dokumentationsqualität ebenfalls verbessern.